Die UEFA wird künftig neben der EM einen zweiten großen Europa-Titel für Nationalteams vergeben und Freundschafts-Länderspiele weitgehend abschaffen. Der Kongress der Europäischen Fußball-Union verabschiedete am Donnerstag in Astana einstimmig einen entsprechenden Vorschlag des Exekutivkomitees. Der Sieger des neuen Wettbewerbs soll erstmals im Jahr 2019 und dann alle zwei Jahre in Spielzeiten ohne großes Turnier gekürt werden.
Das endgültige Format des neuen Wettbewerbs muss noch mit den 54 Mitgliedsverbänden der UEFA verhandelt werden. Verantwortlich dafür ist das Komitee für Nationalmannschaftswettbewerbe unter Vorsitz von DFB-Präsident Wolfgang Niersbach. Der Chef des Deutschen Fußball-Bundes ließ am Donnerstag durchaus "Bedenken" an der Sinnhaftigkeit der Nationenliga erkennen. "Trotzdem folgen wir aus Gründen der Solidarität dieser Entwicklung, die einen großen Schritt für die Wertigkeit der Nationalmannschaftswettbewerbe in Europa darstellt", sagte Niersbach.
Klar ist bereits, dass die Teilnehmer-Länder zunächst je nach ihrer sportlichen Stärke in vier Divisionen aufgeteilt werden. In der Top-Division dürften Ländern wie Deutschland, Spanien, Italien und England spielen. Innerhalb dieser Divisionen werden Untergruppen mit je drei oder vier Teams gebildet, die zwischen September und November 2018 um Auf- und Abstieg zwischen den Divisionen und das Erreichen der EM-Playoffs spielen. Die Gruppensieger der Top-Division ermitteln dann 2019 in einem Finalturnier auf neutralem Platz den ersten Titelträger.
Es sei eine "sehr demokratische Entscheidung" gewesen, sagte UEFA-Präsident Michel Platini. Eine Reihe von Nationen hatte auf den neuen Wettbewerb gedrängt, weil das Interesse an Freundschaftsspielen und deren Vermarktungschancen in den vergangenen Jahren zunehmend geringer geworden waren. Die Zahl der Spiele für die Nationalteams solle nicht steigen, betonte die UEFA.
In der deutschen Fußballszene stößt das UEFA-Projekt auf harsche Kritik. Ligapräsident Reinhard Rauball warnte die UEFA vor Schnellschüssen, Clubs fürchten zusätzliche Belastungen. Der Trainer der deutschen Nationalmannschaft Joachim Löw sieht die Test-Möglichkeiten für die DFB-Auswahl beschnitten.
"Wir glauben, dass es genug Wettbewerbe gibt", erklärte HSV-Chef Carl Jarchow. "Ich befürchte, dass der Fußball in Gefahr gerät, sich zu inflationieren", sagte Bayer Leverkusens Geschäftsführer Michael Schade. Werder Bremens Aufsichtsratsmitglied Willi Lemke warnt vor einer Interessenskollision zwischen Vereinen und Nationalverbänden.
Verständnis für die UEFA-Pläne zeigte indes die Vereinigung der europäischen Top-Clubs (ECA). "Wir sind nicht gegen den Nations Cup", sagte der ECA-Vorsitzende Karl-Heinz Rummenigge, Vorstandschef des FC Bayern München. Die Nationenliga werde keine negativen Folgen für die Vermarktung des Europacups haben.
Englands früherer Nationalstürmer Gary Lineker twitterte: "Überwältigt vor Aufregung über die UEFA-Nationenliga. Ich wünschte nur, ich würde sie verstehen!"
dpa/okr Bild: Stanislav Filippov (afp)