«Frau bekommt Kind», titelte die britische Satire-Zeitschrift «Private Eye» zum 22. Juli 2013 - und man könnte meinen, damit sei alles gesagt gewesen. Stimmte natürlich nicht. Die Geburt des ersten Kindes von Prinz William und Herzogin Kate (beide 31), des Dritten der britischen Thronfolge, löste ein weltweites Interesse und einen Medienansturm aus, der in der Geschichte von Geburten in Königshäusern seinesgleichen suchen dürfte.
Dank Internet-Live-Kameras, Twitter und anderen modernen Technologien konnte tatsächlich die halbe Welt mitfiebern, nachdem Kate nach wochenlangem Warten am Morgen des 22. Juli endlich in die Geburtsklinik in London gekommen war. Zu sehen gab es eher wenig.
Stundenlang starrte die Welt auf die Tür zum Privatflügel der Klinik, vor dem Hunderte Kameraleute und Fotografen bereits seit Tagen oder gar Wochen ausgeharrt hatten. George hatte sich mit seiner Ankunft nämlich etwas mehr Zeit gelassen als berechnet, wie William später bestätigte. Was ging wohl hinter diesen Mauern vor? Gab es Komplikationen? Würde es ein Mädchen werden, das nach einer Gesetzesänderung zum ersten Mal direkt Anspruch auf den Thron haben würde, ohne männlichen Verwandten den Vortritt lassen zu müssen?
Informationen tröpfchenweise
Am Abend schließlich gab der Palast auf einer Staffelei vor dem Buckingham Palast bekannt, dass Kate einen Jungen zur Welt gebracht hatte. Die übrigen Informationen wie etwa den Namen gab es erst später, tröpfchenweise. Auf die Krankenhaus-Tür wurde weiterhin gestarrt. Am Abend des 23. Juli schließlich traten William, Kate und ihr Sohn Prinz George Alexander Louis vor die Presse und Mitarbeiter des Krankenhauses und präsentierten sich ganz in ihrer bevorzugten Rolle als Familie von nebenan.
George verschlief Heimweg
William setzte sein Neugeborenes ins Familienauto und befestigte den Kindersitz, und los ging es nach Hause, in den Kensington Palast in London. George hatte das Ganze verschlafen, dick in eine Decke eingehüllt, war er kaum zu sehen gewesen. Die Welt dürstete nach mehr Infos und Bildern - doch die Familie Cambridge flüchtete sich in das Haus von Kates Eltern außerhalb Londons und verschwand aus dem Rampenlicht.
Seitdem ist Prinz George zunächst nur zweimal zu sehen gewesen: auf einem Familienfoto, das Kates Vater Michael Middleton gemacht hatte und das der Palast offiziell herausgab. Und dann bei seiner Taufe am 23. Oktober, bei der die Fernsehkameras tatsächlich zum ersten Mal einen ausführlichen Blick auf den kleinen Prinzen werfen durften. Offiziell wurde erstmal nichts bekannt, wie es ihm geht, ob er die Nächte durchschläft und wie seine Eltern sich an den Alltag mit ihm gewöhnen - doch er sah gesund, zufrieden und proper aus.
Dass die Londoner Zeitung «Evening Standard» ihn bereits zum «einflussreichsten Menschen in London» ernannt, weil er der «wichtigste weltweite Botschafter» für die Stadt sei, davon ahnt er nichts. Dass ihn diese Erkenntnis seiner unglaublichen Bekanntheit nicht zu früh und zu hart trifft und möglicherweise niederdrückt, dafür wollen seine Eltern sorgen.
"Normale Familie"?
Zunächst blieb unklar, wann und wie George wieder zu sehen sein wird. William und Kates Umgang mit der Öffentlichkeit und dem Hype um die Geburt ihres ersten Kindes spiegelt alles das wider, was sich die beiden in den vergangenen Jahren strategisch aufgebaut haben. Bodenständig und als ganz normale Familie wollen sie sich zeigen. Der neugierigen und klatschdurstigen Menge geben sie genau so viel, wie sie für richtig halten, aber kein bisschen mehr.
Für das britische Königshaus ist der kleine George der absolute Glücksfall, denn er bringt der zurzeit ohnehin sehr beliebten Familie Windsor noch mehr Popularität. Die Zukunft scheint gesichert. Seine Urgroßmutter Queen Elizabeth II. dürfte sehr froh gewesen sein, als sie am Tag seiner Taufe ein ganz besonderes Foto knipsen ließ: Zusammen mit drei Nachfolgern konnte sie sich fotografieren lassen - George, Prinz William und dessen Vater Prinz Charles (65). Das hatte es zuletzt vor fast 120 Jahren bei der Taufe des künftigen Edward VIII. gegeben. Auch Uroma Queen Victoria war damals mit auf dem Bild.
Von Britta Gürke, dpa - Bild: Foto: John Stillwell (afp)