Es war das Jahr von Edward Snowden. Der 30-Jährige, der abertausende Dokumente des mächtigen US-Geheimdiensts NSA an Journalisten weitergab, löste ein politisches Beben mit nahezu täglichen Erschütterungen aus.
Durch die von ihm entwendeten Dateien erfuhr die Öffentlichkeit erstmals von der nahezu flächendeckenden Überwachung des Internets durch die NSA. Seine Enthüllungen sorgten dafür, dass immer mehr Daten verschlüsselt durchs Netz fließen.
"Ich will nicht in einer Welt leben, in der alles was ich mache und sage aufgenommen wird", erklärte Snowden sein Motiv in dem großen Interview in Hongkong, das den Startschuss für den monatelangen Enthüllungsmarathon gab. "Sie haben keine Ahnung, was alles möglich ist", war seine düstere Mahnung. Und tatsächlich zeigten sich selbst Experten für IT-Sicherheit von dem Ausmaß der Internet-Überwachung erschüttert.
Snowden betont, er sei kein Überläufer und habe weder Chinesen noch Russen irgendwelche Geheimnisse verraten - mehr noch, er habe schon in Hongkong alle erbeuteten Unterlagen an Journalisten übergeben und keinen Zugang mehr dazu. Zugleich schlagen die beiden Großmächte politisches Kapital aus seinen Enthüllungen: So kam die erste Welle der Berichte für China besonders günstig vor Gesprächen mit den USA, bei denen es um chinesische Daten-Spionage im Westen gehen sollte.
Sein Entschluss, etwas zu tun, sei langsam gereift, sagt Snowden. Als er für die CIA in Genf stationiert gewesen sei, habe sein Glaube in die Geheimdienst-Mission erste Risse bekommen. Als ihm die Dimension der Überwachung bewusst geworden sei, habe er beschlossen, sie öffentlich zu machen.
Hoher Preis
Er selbst bezahlte für diese waghalsige Entscheidung einen hohen Preis. Snowden ließ im Insel-Paradies Hawaii das bisherige Leben mit seiner Freundin und einem üppig bezahlten Job zurück. Jetzt sitzt er in Moskau fest, sein weiteres Schicksal ist unklar. Die Russen gewährten ihm Asyl zunächst nur für ein Jahr, nachdem er ohne gültige Papiere an einem Moskauer Flughafen gestrandet war. Die USA fordern seine Auslieferung. Ein Asyl in Europa scheint kaum realistisch.
Man weiß nicht viel über Edward Snowden. "Ein schmächtiges Kerlchen, klein, sehr dünn", beschrieb ihn ein deutscher Journalist, der Snowden im Herbst in Moskau getroffen hatte. Seine Sprache sei geprägt von den Jahren in der Geheimdienstwelt. "Wenn er redet, legt er oft die Ellbogen auf den Tisch und schaut seinem Gegenüber in die Augen. Lange und fest."
Snowden hatte sich von Anfang an keine Illusionen über seine Zukunft gemacht. "Man kann sich nicht gegen die mächtigsten Geheimdienste der Welt stellen und sich dieses Risikos nicht bewusst sein", sagte er im "Guardian"-Interview. "Wenn sie einen kriegen wollen, schaffen sie das mit der Zeit."
Von Andrej Sokolow, dpa - Bild: The Guardian/afp