Hélène Passtoors blickt auf eine verstörende Vergangenheit zurück. Bei ihrem Kampf gegen die Apartheid in Südafrika schreckte Hélène Passtoors auch vor Gewalt nicht zurück.
Südafrika, Anfang der 1980er Jahre: Das Apartheitsregime bäumte sich noch ein letztes Mal auf, um das Prinzip der Rassentrennung mit allen Mitteln zu erhalten. Denn der Druck wurde größer, von außen wie von innen: Das Ausland belegte das Regime mit immer strengeren Sanktionen. Und in Südafrika selbst verschärfte der ANC, der Afrikanische Nationalkongress, den Kampf gegen die weißen Unterdrücker. In den Reihen des ANC war eine Frau: Hélène Passtoors, geborene Belgierin. Ursprünglich arbeitete sie im Nachbarland Mozambique an einer Hochschule, bis sie einen Mitstreiter des inhaftierten Nelson Mandela kennenlernte. Der ANC hatte zu diesem Zeitpunkt längst den gewaltfreien Widerstand aufgegeben. Der Kampf wurde blutiger und blutiger...
20. Mai 1983: In der Hauptstadt Pretoria explodierte vor einem Gebäude der Luftstreitkräfte eine Autobombe. 19 Menschen starben. Viel später sollte sich herausstellen, dass die Bombe versehentlich zu früh hochgegangen war. Für den Anschlag wurde unter anderem Hélène Passtoors verantwortlich gemacht. 1985 wurde sie festgenommen. Eine Mittäterschaft konnte man ihr nicht nachweisen, wegen Hochverrats wurde sie aber zu zehn Jahren Haft verurteilt.
Durch ihr Vorgehen wurde die damals 44-Jährige allerdings in Europa zu einer Symbolfigur: Hélène Passtoors war auf allen Titelseiten. 1987 wurde sie sogar zur "Europäischen Frau des Jahres" gekürt. Der öffentliche und auch intensiver diplomatischer Druck führten 1989 zu ihrer Freilassung, ein Jahr, bevor sich auch für ihr Idol, Nelson Mandela, die Gefängnistore öffnen sollten. Mandela habe sie danach mehrmals getroffen, sagt Hélène Passtoors in einem ihrer seltenen Interviews in der RTBF. Sie habe nach 1989 im Brüsseler ANC-Büro gearbeitet und sei Mandela dort begegnet. Sie habe Mandela bis dahin nur aus Erzählungen von Mithäftlingen gekannt, sagt Passtoors. Als sie Mandela dann getroffen habe, sei sie aber von den menschlichen Qualitäten des Mannes angetan gewesen: Er interessierte sich für seine Mitmenschen. Er erinnerte sich an noch so kleine Details.
Im Kampf für Mandelas Befreiung hat sie tatsächlich zum äußersten Mittel gegriffen. Erst im Juni hat Hélène Pastoors in einem Zeitungsinterview zugegeben, dass sie tatsächlich an besagtem Bombenanschlag 1983 beteiligt war. Sie hat an der Planung mitgewirkt und hat auch das Auto von Swaziland nach Pretoria gefahren. Sie habe deswegen immer noch Albträume, sagt die heute 71-Jährige. Immerhin habe die südafrikanische Wahrheitskommission den Terrorakt 2001 als einen "legitimen Angriff auf ein militärisches Ziel" eingestuft. Das helfe ihr, die Sache zu verarbeiten.
Nelson Mandela sei für Hélène Passtoors das Sinnbild einer besseren Welt gewesen, einer Welt ohne Rassismus. Das sei auch sein Vermächtnis.
Trauerfeier: 200.000 Belgier vor dem Fernseher
In Belgien haben über 200.000 Menschen am Dienstag die Live-Übertragung der Trauerfeier für Nelson Mandela im Fernsehen verfolgt. Mit 80.000 Zuschauern entschieden sich die meisten für die Übertragung der RTBF. Canvas und RTL schalteten jeweils etwa 60.000 Menschen ein.
Allerdings schauten die meisten nicht die ganze Übertragung an. Die durchschnittliche Einschaltdauer lag bei zehn Minuten. Die gesamte Zeremonie dauerte fast vier Stunden. 90.000 Menschen waren bei der Zeremonie anwesend, darunter Staats- und Regierungschefs aus der ganzen Welt, darunter UN-Generalsekretär Ban Ki Moon und US-Präsident Obama. Belgien war durch König Philippe, Premierminister Di Rupo und Außenminister Reynders vertreten.
belga/sh - Bild: belga