Der britische Panik-Forscher Keith Still erhebt nach Informationen der «Süddeutschen Zeitung» in einem Gutachten zur Loveparade-Katastrophe in Duisburg schwere Vorwürfe. Nach dem von der Stadt genehmigten Konzept sei es nicht einmal theoretisch möglich gewesen, den Umzug gefahrlos durchzuführen, berichtete die Zeitung am Samstag. Ein Sprecher der Duisburger Staatsanwaltschaft wollte den Bericht am Samstag nicht kommentieren.
Still, Professor für Massendynamik und Massenmanagement an der Buckinghamshire New University, ist von der Staatsanwaltschaft mit der Untersuchung der Katastrophe beauftragt. Der «SZ» zufolge schreibt der Experte in seinem fast 90-seitigen Gutachten, die Verantwortlichen hätten vorher noch nicht einmal die erwarteten Besucherströme addiert. Schon mit einfachen Berechnungen hätte man feststellen können, dass die Rampe auf dem Veranstaltungsgelände für die erwartete Besucherzahl viel zu klein gewesen sei.
Jürgen Hagemann, Vorstandsmitglied des Vereins Loveparade-Selbsthilfe, sagte am Samstag, das Gutachten zeige, dass sowohl der Veranstalter als auch die Stadt Duisburg für die Katastrophe mitverantwortlich seien. «Natürlich bin ich auch der Meinung, dass es zur Anklageerhebung kommen muss», sagte Hagemann der Nachrichtenagentur dpa. «Es ist inzwischen absolut unstrittig, dass von Seiten der Hauptbeschuldigten eklatante Fehler gemacht worden sind.»
Als Beispiel nannte Hagemann das Fehlen einer Lautsprecheranlage. Eine solche Anlage hätte mit Sicherheit Leben gerettet, da man darüber Hinweise und Anweisungen hätte geben können. Offenbar um Kosten zu sparen, habe der Veranstalter sie aber nicht aufgebaut, und die Stadt habe das abgenommen, kritisierte Hagemann.
Bei dem Technofest in der Ruhrgebietsstadt waren am 24. Juli 2010 21 Menschen ums Leben gekommen, mehr als 500 wurden verletzt. Die Staatsanwaltschaft ermittelt gegen 15 Beschuldigte, darunter Mitarbeiter der Stadt Duisburg. Anklage hat die Behörde bisher nicht erhoben. Sie machte bislang keine Angaben dazu, wann mit einem Ergebnis der Ermittlungen zu rechnen ist.
dpa - Bild: afp