Say wird vorgeworfen, er habe im Internet beleidigende Kurzmitteilungen selbst verfasst sowie andere Anwender zitiert. Ihm drohen bei einer Verurteilung bis zu 18 Monate Haft. Der Musiker selbst wollte sich nicht öffentlich äußern.
Say hatte über den Kurznachrichtendienst Twitter kritische und scherzhaft formulierte Äußerungen verbreitet, die die islamische Frömmelei und Scheinheiligkeit auf die Schippe nahmen. Die Anklage gegen ihn hat international Wellen geschlagen. Say selber hatte Medienberichten zufolge gesagt, er habe niemanden beleidigen wollen, die Meinungsfreiheit sei aber ein Recht für alle.
"Wo immer ein Narr oder Dieb ist, allesamt sind sie Frömmler. Ist das ein Widerspruch?", soll Say türkischen Medienberichten zufolge geschrieben haben. Vorgeworfen werden ihm auch eine flapsige Bemerkung über einen hastigen Gebetsruf eines Muezzins: "Warum die Eile? (...) Steht Schnaps auf dem Tisch?". Auf dem Twitter-Account des Musikers waren die Nachrichten später nicht mehr zugänglich.
Fazil Say gehört international zu den bekanntesten Künstlern der Türkei. Er hatte 1994 beim europäischen Nachwuchswettbewerb für Musiker den ersten Preis gewonnen und damit den Durchbruch geschafft. Say hat sich mehrfach kritisch über die islamisch-konservative Regierung von Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan geäußert und erklärt, er denke darüber nach, das Land zu verlassen. Wegen Anklagen von Journalisten und Künstlern ist die Türkei international immer wieder kritisiert worden.
Die Linke-Bundestagsabgeordnete Sevim Dagdelen will den Prozess selbst beobachten. "Fazil Say steht stellvertretend für viele andere in der Türkei, denen der Prozess unter Verletzung des Schutzes der Meinungsfreiheit gemacht wird", teilte sie am Mittwoch mit. Eine Haft von 18 Monaten werde Says Dasein als Pianist zerstören.
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