Wenn andere sich zur Ruhe setzen, muss eine «Kon-Tiki» noch mal ran: 65 Jahre nach der legendären Pazifik-Überquerung des Norwegers Thor Heyerdahl sind auf einem Balsafloß mit Holzhütte drauf wieder die Leinen losgemacht.
Diesmal aber nicht wie 1947 für eine halsbrecherische Tour über 8000 Kilometer von Peru nach Polynesien, sondern vom Südende des heimischen Oslofjordes für überschaubare 100 Kilometer bis zum Nordende.
Der 2002 gestorbene Abenteurer, Archäologe und Ethnologe Heyerdahl wollte mit seiner Expedition beweisen, dass Menschen vor Tausenden Jahren gegen Strömung und Wind über das Meer von Südamerika nach Polynesien gelangen konnten. Als er und seine skandinavische Crew am 7. August 1947 nach 101 Tagen und etlichen Hai-Attacken tatsächlich im Tuamotu-Archipel ankamen, staunte die Fachwelt.
Reklame für Kinofilm
Der Landsmann Torgeir Higraff (39) hat mit seiner exakten Kopie des Floßes neben dem kürzeren Weg auch begrenztere Ziele. Nach dem Ablegen in Larvik schaffte er die erste Etappe bis Montag «mit genau dem richtigen Wind». Keine Selbstverständlichkeit im Oslofjord, den er bis zur Ankunft vor der Osloer Oper in zwei Wochen in nördlicher Richtung überqueren will. Das Ankunftsdatum 22. August ist ein «Muss», weil dann die Premiere eines aufwändigen neuen Kino-Films über die «Kon-Tiki»-Expedition ansteht.
«Auf den freu ich mich sehr, die Szenen mit den Hai-Attacken haben ich schon gesehen, die sind einmalig», sagt Higraff. Er hat selbst vier Hai-Angriffe überstanden, als er 2006 auf der «Kon-Tiki»-Kopie die Heyerdahl-Expedition wiederholte und es 31 Tage schneller schaffte als das Vorbild. «Wir hatten größere Segel», bemerkt er mit hörbarem Respekt vor Heyerdahl, dem er kurz vor dessen Tod begegnet ist.
Auf dem Oslofjord muss Higraff keine Haie befürchten. «Aber die Wellen sind hier total anders als im Pazifik. Mal sehen, wie das Boot das aushält» meint er. Wenn der Wind nicht so will wie die Reklame-Agentur für die Filmpremiere, soll ein Schlepper das Balsafloß diskret im Zeitplan halten. Fast täglich können außerdem Besucher bei Stopps die «Kon-Tiki» betreten und ganz Neugierige gegen Geld einen Tag mitsegeln.
Damit alles möglichst «authentisch» wirkt, wird die Hütte auf dem Nachbau genauso gedeckt wie einst das Original: mit Bananenblättern. Die gedeihen in Norwegen nicht so gut. «Wir waren kurz vor dem Kauf von Ikea-Palmen. Aber dann hat uns der norwegische Konsul auf Teneriffa mit einer Lieferung gerettet», berichtet Higraff. Ob die bis zu zwei Meter langen Blätter dem rauen Skandinavien-Klima standhalten, hält er für offen: «Ich hoffe, dass sie nach ein paar Wochen bei der Ankunft vor Bygdøy noch nett aussehen.»
dpa - Bild: Stringer (epa)