Sie war die "Titanic" der Lüfte: das größte, das schönste Luftschiff der Welt, ein Stolz der Ingenieurskunst, ein Griff nach den Sternen der Technik. Doch vor 75 Jahren explodierte die "Hindenburg" - und beendete eine ganze Ära.
Die Bilder des lodernd dahinsinkenden Giganten haben sich ebenso in das Bewusstsein gebrannt wie die Live-Schilderung des schluchzenden Radioreporters.
Luftschiffe gab es auch in anderen Ländern, aber sie waren so etwas wie eine deutsche Spezialität. Graf Ferdinand von Zeppelin hatte sie zwar nicht erfunden, aber marktreif gemacht.
LZ 127, benannt nach dem findigen Grafen, gilt als erfolgreichstes Luftschiff der Geschichte und wurde bei einer Weltumrundung 1929 überall bejubelt. Die Leute liefen zusammen, wenn die gewaltigen Flugkörper langsam und majestätisch über den Himmel dröhnten.
Das heißt: So langsam waren sie gar nicht. Mit gut 100 Kilometern in der Stunde waren die Luftschiffe dreimal so schnell wie die Ozeandampfer. Ja sogar fast so groß: Mit 245 Metern - dreieinhalb Mal so viel wie ein Jumbojet - war die "Hindenburg" fast so lang wie die "Titanic". Allerdings nahm sie nur 72 Passagiere auf - die dann in etwa die Summe für die Überfahrt zahlen mussten, die umgerechnet zuletzt ein Concorde-Flug kostete.
Fliegende Bombe ... mit Rauchsalon
Ursprünglich hatte die "Hindenburg" sogar nur für 50 Passagiere Platz, aber weil Wasserstoff als Traggas verwendet wurde, konnten die Kabinen erweitert werden. Eigentlich sollte es Helium sein - etwas schwerer, aber nicht brennbar. Schließlich hatte die englische R101 ein paar Jahre zuvor 48 Menschen in den Tod gerissen. Doch Helium hatten nur die Amerikaner, und die zogen ihre Zusage zurück, nachdem die Nazis Zeppeline für Propaganda missbraucht hatten und auf Kriegskurs gegangen waren. Die "Hindenburg" mit den riesigen Hakenkreuzen auf den Heckflossen war eine fliegende Bombe.
Eine Bombe mit einem Rauchsalon. In dem stand das einzige Feuerzeug an Bord. Viele Passagiere verbrachten dort die Fahrt. Denn die Kabinen waren einfach eingerichtet, der Luxus wartete eher im Restaurant und eben im Rauchsalon - und vor allem natürlich an den Fenstern. Die boten einen unvergleichlichen Panoramablick auf Berlin, Paris, London, den Atlantik - oder Lakehurst bei New York.
Dort kam die "Hindenburg" am Abend des 6. Mai 1937 an. Die erste Fahrt der Saison war ganz normal verlaufen - doch plötzlich schossen Flammen aus dem Heck. Innerhalb von Sekunden verbrannte das gewaltige Luftschiff. "Es brennt. Es brennt und es stürzt ab", schrie Herbert Morrison ins Mikrofon. Der Radioreporter galt als Profi. Doch beim Anblick der Flammenhölle wurde der 31-Jährige von seinen Gefühlen übermannt. "Das ist so furchtbar, die schlimmste Katastrophe der Welt", ruft er, um dann etwas zu schluchzen, was in den USA zum geflügelten Wort wurde: "Oh, the humanity", "Oh, Menschheit".
62 Überlebende
"Es ist ein Wunder, dass überhaupt jemand da lebend rauskam", hieß es später in der Wochenschau. Und in der Tat: Von den 97 Menschen an Bord überlebten 62. 13 Passagiere und 22 von der Besatzung starben, dazu noch ein Mann von der Bodenmannschaft. Die meisten verbrannten, andere erstickten und einige stürzten zu Tode, als sie aus dem brennenden Wrack sprangen. Warum es brannte, ist bis heute nicht ganz klar. Die meisten Experten gehen von einer elektrostatischen Entladung aus, die das Gas entzündete. Für eine Bombe, gelegt von Verrückten, Nazis oder Nazigegnern, gibt es keine Hinweise, die über Verschwörungstheorien hinausgehen.
Es war weder das erste, noch das schwerste Unglück der Luftschifffahrt. Doch es war ihr Ende. Wenig später begann Pan Am einen Atlantikdienst mit Flugbooten, der noch einmal schneller war. Eine LZ 130 wurde zwar noch gebaut, aber eine Rolle spielte sie nicht mehr. Ihre letzte Fahrt war am 20. August 1939 - zwölf Tage später brach der Weltenbrand aus, viel größer und schrecklicher, als Morrison je hätte beschreiben können. Die Luftschiffhallen in Friedrichshafen wurden am 6. Mai 1940 von der Wehrmacht gesprengt - auf den Tag drei Jahre nach der Katastrophe von Lakehurst.
Luftschiffe spielte fortan keine Rolle mehr, weder im Krieg noch im Frieden. Erst 60 Jahre nach Lakehurst startete am Bodensee ein "Zeppelin NT". Von seinen Großvätern ist er aber weit entfernt. Das Volumen umfasst gerade gut 8000 Kubikmeter - statt 200.000 wie bei der "Hindenburg". Auch der Inhalt ist ein anderer: Es ist Helium.
Zeppelin-Museum erinnert an Hindenburg-Unglück
75 Jahre nach dem Absturz der "Hindenburg" erinnert das Zeppelin-Museum in Friedrichshafen am Bodensee an das Unglück. In der neu gestalteten Zeppelinhalle werde sich künftig alles um das Luftschiff LZ 129 drehen, sagte eine Sprecherin des Museums. Dabei stünden von diesem Sonntag (6. Mai) an unter anderem die Reisen, der Komfort und die Technik des Giganten der Lüfte im Fokus. Auch der Frage, warum das Luftschiff brannte, will das Museum nachgehen: In einem eigenen Raum werde den möglichen Ursachen nachgespürt, hieß es.
Das Zeppelin-Museum eröffnet mit der Ausstellung zur "Hindenburg" gleichzeitig einen weiteren Teil seiner neu konzipierten Räume. Das Museum, das nach eigenen Angaben die weltgrößte Sammlung zur Luftschifffahrt beherbergt, wird seit dem Frühjahr 2010 neu gestaltet. Bis 2014 sollen alle Ausstellungsräume fertig sein, bis dahin wird jedes Jahr im Frühling ein neuer Abschnitt eröffnet.
Von Chris Melzer, dpa - Bild: afp