Gewalt gegen alte Menschen ist weltweit ein soziales, gesundheitliches und ökonomisches Problem, das eigentlich nicht länger vernachlässigt werden darf. "Handeln statt misshandeln" ist deshalb auch ein Wahlspruch, der für den sechsten Welttag, der der Gewalt gegen ältere Menschen gewidmet ist, angewandt werden kann.
Eines der Beispiele für Gewalt gegen Alte liegt in der häuslichen Pflege. Alte Menschen sehen sich aber nicht nur in Pflegesituationen Gewalt ausgesetzt. Viele werden auch Opfer von Vermögens-, Gewalt- oder sogar Sexualstraftaten. Gewalt, so sagen Fachleute, hat dabei viele Gesichter. Die größte Grausamkeit ist bei Senioren hierbei oft die Gleichgültigkeit. Allzu oft, so berichten Fachleute, würden Ärzte ihre älteren Patienten nicht in Ruhe anhören und Berichte über Gewalttaten bagatellisieren.
Wenn die Verwandten überfordert sind
Eine hierzulande jetzt veröffentlichte Studie belegte, dass in der Wallonie gut 30 % der Über-70-Jährigen bereits zum Opfer von Gewalt wurden. Die kann, wie gesagt, durchaus auch psychologischer Art sein. Neben Misshandlungen und Vernachlässigung klagen hierzulande auch viele Senioren darüber, angeschrien zu werden oder das Opfer verbaler Gewalt zu werden. Besonders Pflegebedürftige bekommen häufig Repressalien zu spüren, wenn ihre pflegenden Angehörigen durch die Situation überfordert sind.
Wenn heute mit einem weltweiten Aktionstag auf diese Thematik aufmerksam gemacht werden soll, dann auch, weil immer noch viel zu oft tabuisiert wird, dass nicht nur viele Pflegebedürftige zuhause oder in Heimen Gewalt ausgesetzt sind, sondern weil diese Gewalt von denjenigen ausgeht, die sich um gebrechliche Menschen kümmern: Familienangehörige und Pflegekräfte also.
Familiäre Altlasten
Zu den Risikofaktoren für Gewalt in der häuslichen Pflege zählt neben einer angespannten Finanzsituation nach Angaben von Fachleuten vor allem die Vorbeziehung zwischen der pflegenden und der gepflegten Person. Der eigentliche Zündstoff für Konflikte und die Anwendung von Gewalt in der häuslichen Pflege liegt oft in der Familiengeschichte, sagen Sozialpädagogen.
Angesichts der zunehmenden Vergreisung unserer Gesellschaft dürfte indes die Bedeutung des Welttags gegen Diskriminierung und Misshandlung von alten Menschen in den kommenden Jahren weiter wachsen. Denn eines steht fest: Dem Problem vieler Senioren, Opfer einer Gewalt im Verborgenen zu werden, sollte mehr Aufmerksamkeit gewidmet werden.
ah