Kurz vor einer entscheidenden Abstimmung im argentinischen Parlament über die Erlaubnis gleichgeschlechtlicher Ehen stehen sich Gegner und Befürworter unnachgiebig gegenüber. Die Regierung der peronistischen Präsidentin Cristina Kirchner zeigte sich optimistisch, dass das bereits vom Abgeordnetenhaus gebilligte Gesetzesprojekt über die Einführung der Ehe auch zwischen Personen gleichen Geschlechts am Mittwoch im Senat eine Mehrheit bekommen werde. Sollte sich die Regierung durchsetzen, wäre Argentinien das erste Land Lateinamerikas, in dem gleichgeschlechtliche Ehen erlaubt sind. Bisher hatte nur das lokale Parlament von Mexiko-Stadt im Dezember die Homo-Ehe in der mexikanischen Hauptstadt gebilligt.
Große Teile der Opposition, Teile der Medien und vor allem die in Argentinien besonders konservative katholische Kirche liefen jedoch Sturm gegen die Novelle. Am Vortag hatten sich Schätzungen von Medien zufolge etwa 50.000 Menschen an einer Protestkundgebung vor dem Parlament in der Hauptstadt Buenos Aires beteiligt. Unter dem Slogan «Die Kinder haben ein Recht auf eine Mutter und einen Vater» demonstrierten sie gegen das Gesetzesprojekt, das der Erzbischof von Buenos Aires, Kardinal Jorge Mario Bergoglio, als «Schachzug des Teufels» gebrandmarkt hatte.
Es sei «Naturrecht» und nicht kulturelle Konvention, dass eine Familie aus einer Mutter, einem Vater und Kindern bestehe, meinten viele der Demonstranten. Gegen die Homo-Ehe müsse deshalb ein «Krieg Gottes» geführt werden, sagte Bergoglio. Die argentinische Gesellschaft stehe vor einer «Implosion», behaupteten andere Gegner. Das Gros der Demonstranten war auf Kosten der Kirche nach Buenos Aires gebracht worden.
Befürworter des Rechts auf gleichgeschlechtliche Ehen demonstrierten ebenfalls im Zentrum der Hauptstadt. Sie äußerten sich entsetzt über die «Rückständigkeit» der katholischen Kirche. Statt den Menschen vorschreiben zu wollen, wie sie zu leben hätten, sollten diese Katholiken lieber gegen Kindesmissbrauch in ihren eigenen Reihen und gegen familiäre Gewalt demonstrieren, meinte eine Teilnehmerin.
Der Ausgang der Debatte im Senat, die sich auch bis in den frühen Donnerstagmorgen hinziehen könnte, galt als völlig offen, da auch die politischen Blöcke in der Frage gespalten waren.
Jan-Uwe Ronneburger (dpa) - Bild: epa