Die Justiz als Ganzes leidet unter chronischem Personalmangel. Das bedeutet auch, dass es schon seit Jahren eigentlich nicht genug Staatsanwälte gibt. Dies wiederum führt dazu, dass es bei der Bearbeitung der Dossiers zu einem großen Rückstand kommt. Zu diesem Rückstand gesellen sich auch noch aktuelle Entwicklungen hinzu, wie Föderalprokuratorin Ann Fransen gegenüber der VRT erklärt.
Man sehe immer mehr Cyberangriffe, die mit staatlichen Akteuren in Verbindung gebracht werden könnten, bestätigt die Föderalprokuratorin. Manchmal agierten die ausländischen Mächte dabei direkt, häufig aber auch über Mittelsmänner. Die entsprechenden Ermittlungen seien deshalb auch immer schwierig. Nur selten gelinge es, konkrete Täter zu identifizieren. Dennoch gebe es aber eben deutliche Hinweise, dass andere Staaten dahintersteckten.
Und das gelte auch nicht nur für Cyberangriffe. Die föderale Staatsanwaltschaft erfasse auch immer mehr Fälle von Spionage und versuchter Einflussnahme durch fremde Mächte. Aber die Aktivitäten staatlicher Akteure gingen noch weiter.
So komme es auch immer häufiger zu aktiven Sabotageakten. Das könne man etwa in den Nachbarländern gut beobachten.
Um sich an diese veränderte Lage anzupassen, hat die föderale Staatsanwaltschaft auch eine neue Taskforce eingerichtet. Die hat unter anderem die Aufgabe, sich mit diesen Phänomenen und ihrer Bekämpfung zu befassen.
Eine weitere Aufgabe der Taskforce sei es, die Staatsanwaltschaft widerstandsfähiger beziehungsweise wehrhafter zu machen. Das beinhalte beispielsweise Vorbereitungen, um auch im Fall eines plötzlichen Zusammenbruchs sämtlicher Kommunikationslinien weiterarbeiten zu können. Oder auch zu untersuchen, wie geltende Gesetze angepasst werden müssen, um die neuen Phänomene besser bekämpfen zu können.
Eine große Baustelle ist naturgemäß auch immer der Bereich "Cyber" beziehungsweise Internetkriminalität. Da brauche man unbedingt mehr Expertise, was verschlüsselte Kommunikation angehe.
Aber die föderale Staatsanwaltschaft wolle auch stärker gegen die Nutzung von Kryptowährungen durch Kriminelle vorgehen. Gleiches gelte auch für den Bereich Darknet.
Ein weiteres Sorgenkind ist und bleibt dann aber auch der Terrorismus. Und das ist in dem Fall durchaus wörtlich zu nehmen, denn immer häufiger seien es Minderjährige, die terroristische Straftaten verübten.
Die Entwicklung der Zahlen spreche da eine eindeutige Sprache: 2022 seien 16 Minderjährige in Terrordossiers aufgetaucht, 2023 schon 24. Und im vergangenen Jahr waren es deren sogar 55. Die föderale Staatsanwaltschaft spricht deshalb auch von einer "exponentiellen Zunahme" des Problems. Das Durchschnittsalter der minderjährigen Terrorverdächtigen beträgt dabei 15 bis 16 Jahre, aber auch 13- und sogar Zwölfjährige sind in diesem Zusammenhang schon ins Fadenkreuz der Justiz geraten.
Die Art der terroristischen Bedrohung habe sich in den vergangenen Jahren auch stark verändert, betont Fransen. Früher habe man es vor allem mit organisierten Netzwerken zu tun gehabt habe, die Dschihadisten für Krieg im Ausland rekrutierten. Heutzutage gehe es viel häufiger um Einzeltäter, die bestimmte Angriffe vorbereiteten.
Diese Jugendlichen gehörten manchmal Zellen oder kleinen Netzwerken an, die immer internationaler würden und in denen sie massiv Propaganda ausgesetzt seien. Das führe zu einer schnellen Online-Radikalisierung dieser Minderjährigen, warnt die Föderalprokuratorin.
Boris Schmidt