Verarmung von Wallonie und Brüssel
Die PS drückte es noch diplomatisch aus: Die De Wever-Note sorge nicht dafür, dass sich die Standpunkte annäherten, hieß es in einem Kommuniqué der Parti Socialiste. Genau das, das Ausräumen des Klärungsbedarfs, das sei aber die Mission De Wevers gewesen.
Der N-VA-Chef stelle in seinem Vorschlag zahlreiche Elemente infrage, die für das Gleichgewicht zwischen Flamen und Frankophonen in diesem Land sorgten. Und ganz wichtig: Der De Wever-Vorschlag bedeute in der Praxis eine Verarmung von Brüssel und der Wallonie.
Einseitig
Von der CDH kam eine glatte Ablehnung: De Wever gebe einen einseitigen Standpunkt wider. Das Papier sei alles andere als ausgewogen, von einem Kompromiss könne da keine Rede sein. Ähnliche Töne auch von Ecolo: Der Vorschlag De Wevers sei parteiisch und unausgewogen. Die zuvor festgehaltenen zwölf Prinzipien würden nicht respektiert.
Für die MR, die ja nicht an den Verhandlungen beteiligt war, hatte FDF-Chef Olivier Maingain die Note zuvor auch schon abgeschossen. Im Frankophonen Lager heißt es also "Non" auf den De-Wever-Vorschlag. Dessen Mission kann damit eigentlich als gescheitert betrachtet werden.
Flandern
Auf flämischer Seite gibt es erste positive Reaktionen auf De Wevers Kompromisspapier. Für die christdemokratische CD&V erklärte Übergangspräsident Beke, das Dokument schließe an Vorschläge an, über die bereits im Juli und August unter Präformateur Di Rupo gesprochen worden sei. Seiner Ansicht nach kann darüber jetzt im Detail weiter verhandelt werden.
Auch s.pa und Groen! erklärten, das Kompromisspapier könne duchaus als Grundlage für weitere Verhandlungen dienen.
Am Nachmittag muss De Wever König Albert Bericht erstatten. Dann entscheidet sich, ob die bisherigen Gesprächspartner eine neue Verhandlungsrunde starten oder ob auch dieser letzte Annäherungsversuch gescheitert ist.
Das 50 Seiten starke Dokument von De Wever sieht unter anderem deutlich mehr steuerliche Autonomie für die Teilstaaten vor. Außerdem soll der Wahlkreis Brüssel-Halle-Vilvoorde gespaltet werden mit einer Ausnahmereglung für die sechs Brüsseler Randgemeinden mit Spracherleichterung.
brf/vrt/rop/jp
Endlich eine klare Stellungnahme der frankophonen: eine größere Verantwortung kommt nicht in Frage!
Damit hat sich jetzt eindeutig herausgestellt wie es um dieses Land bestellt ist. Denn die Parole lautet anhaltend: man müsse alles darauf setzen um dem flämischen Anliegen – Gliedstaaten sollten im Rahmen homogener Befugnisse eine Wirtschaftspolitik führen, für die sie steuerlich und finanziell auch die Verantwortung tragen – zu unterbinden.
Unentwegt wird der Norden zur Solidarität aufgefordert und äußerst raffiniert wird der nobler Schutz der Einheit dem verachtungswerten Umgang mit den Institutionen gegenübergesetzt. In Wirklichkeit heißt es aber die Einheit des Landes zu behalten, die Voraussetzungen aufrechtzuerhalten um unbehelligt im Schlaraffenland weiterleben zu können, etwa wie das halt seit 180 Jahren gang und gäbe ist.
Wenn das jedoch zur Debatte steht, ist die Hölle los; wer es wagt dies in Frage zu stellen, wird als bloßer Separatist dargestellt. Es ist ja der Verdienst des Herrn De Wever dieses fürs ganze Land verhängnisvolle Benehmen an den Pranger gestellt zu haben. Danke Bart!